Die professionelle Pflege der Haare ist für viele Schwarze Frauen und Männer eine Art Safe Space oder Zufluchtsort, den fast jeder mindestens einmal im Leben aufsucht. Wir hasten oft durch den Alltag, für alles haben wir wenig Zeit, beim Haare machen jedoch bleibt die Zeit stehen. Wir nehmen uns die Zeit für unsere Haare. Jemand anders nimmt sich die Zeit für meine Haare, hier darf ich sein wer ich wirklich bin, mein Haar so zeigen wie es ist.
Eine Hommage zum diesjährigen Black History Month an Afroshops, Schwarze Hairsalons und alle Geschwister in der Community, die sich Zeit nehmen für die Pflege von Afrohaar - ein Ort der Selbstfürsorge.
Als Kind hat meine Mutter mir immer verschiedene Frisuren gemacht, von afrikanischen Fadentechniken (African Threading) über Zöpfe bis hin zu Twists und "pick and leave" Locken. Während sie meine Haare machte, spielte ich mit meinen Barbiepuppen und versuchte oftmals, deren Haare wie meine zu flechten. Manchmal schlief ich dabei ein, machte Pausen zum Essen oder Tanzen und rannte danach sofort zum Spiegel, um mich zu bewundern und meine Mutter zu fragen, ob ich jetzt eine Prinzessin sei.
Auch als Erwachsene fühlen wir uns schön und gesehen, sobald unsere Haare gemacht sind – unabhängig vom Stil oder der Haarstruktur.
Nachdem meine Mutter von Ghana nach Deutschland gezogen war, hatte sie als gelernte Schneiderin nicht viel Zeit, sich jeden Tag mit ihren Haaren zu beschäftigen, da sie viel arbeitete. In einer Ecke unseres Flurs stand ein großes Schuhregal mit Spiegeltüren.
Ich erinnere mich, dass meine Mutter davor auf einem Stuhl saß, um ihre Haare zu flechten, manchmal dauerte es den ganzen Tag.
Wie das Sprichwort sagt: Übung macht den Meister. Und das hat sie definitiv bewiesen. Als sie mich und meine Schwester bekam, hatte sie ihre Technik perfektioniert und uns wunderschöne Frisuren gezaubert. Ich habe sie gefragt, was es für sie bedeutet, Haare zu flechten, da sagte sie:
„Ich bin so dankbar, dass ich die Haare anderer Leute machen darf, obwohl ich das nie professionell gelernt habe. Ich denke, das ist ein Talent, das mir Gott gegeben hat.“
Sie ergänzt: "Es macht mich unglaublich glücklich, solche komplexen Frisuren für andere zu machen. Wenn ich Haare mache, fühle ich mich wie in Ghana. Dort geht man zu einem vertrauenswürdigen Profi oder Salon, also bedeutet es mir sehr viel, dass Leute mir ihr Haar anvertrauen. Es erinnert mich an meine eigenen guten Erfahrungen mit Salons in Ghana."
Bewegt von den Eindrücken meiner Mutter, habe ich mich in den Tagen danach mit einer nigerianischen Friseurin, die seit einigen Jahren in München lebt, unterhalten und mich auf eine kleine Zeitreise begeben.
Als Kind in Nigeria lief sie durch die Felder, flocht das Gras und brachte es ihrer Tante, bei der sie lebte. Zum nächsten Geburtstag bekam sie dann eine Puppe geschenkt, an der sie das Flechten noch viel besser üben konnte.
Mit der Zeit und nach Abschluss ihrer Grundschulbildung bekam sie die Chance, das Friseurhandwerk professionell zu erlernen. Auf die Frage, was das Haareflechten für sie bedeutet, sagte sie:
„Wenn ich Haare flechte, fühle ich mich frei. Es ist wie eine Art Übung für mich, die Freude und Glück freisetzt.“
Ich frage sie, was ihr durch den Kopf geht beim Haare flechten?
"Ich vergesse die Zeit, da ich das Haareflechten für andere liebe. Ich versuche mich voll und ganz darauf zu konzentrieren was ich tue, um die Frisur genau so hinzubekommen, wie sie gewünscht wird.
In unserer Community kann man den Wert und die Dankbarkeit für solche Stüzten im Alltag gar nicht messen.
Die meisten von uns haben eine "Tante", einen Freund oder die Cousine eines Cousins, die uns die Haare machen und ohne diese Menschen würde ein großer Teil unserer Identität, besonders in Bezug auf unsere Haare, verloren gehen.
In unserer afrodeutschen Community werden Produkte wie unsere von Afrolocke entwickelt, um das Finden einer Identität zu fördern, nicht nur für uns selbst, sondern auch für unsere Haare. In diesem Jahr, während des Black History Month, ein großes Dankeschön an all die symbolischen und tatsächlichen Stützen, die all diese Rituale für die Selbstfürsorge am Leben halten.
Ayekoooo!
Eure Nana
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